ERP Pflichtenheft

ERP Pflichtenheft – Was ist zu beachten?

Moderne und effiziente ERP-Systeme können Unternehmen zu wesentlichen Wettbewerbsvorteilen verhelfen, da sie Geschäftsprozesse optimieren und administrative Aufwände reduzieren. Die Ausarbeitung des Pflichtenheftes erfolgt gemeinsam mit dem ERP-Anbieter, definiert den Umfang der Anpassungen des ERP-Herstellers und reguliert die einzelnen Pflichten und Leistungen. Das ERP Pflichtenheft dient dazu, Zeitpunkte für die Realisierung von Projekten bis zum Going-Live festzuhalten. Das ERP Pflichtenheft ist eine vertragliche Grundlage und dient als Maßstab für die Gewährleistung.

Was ist der Unterschied zwischen ERP Pflichtenheft und Lastenheft?

Das ERP Pflichtenheft nimmt dabei einen direkten Bezug zum Lastenheft, das durch den erarbeiteten Anforderungskatalog erstellt wurde. Das Pflichtenheft beschreibt die vom Anbieter vorgestellte Umsetzung des durch den Kunden vorgegebenen Lastenheftes. Dabei sind im Lastenheft die Kundenanforderungen genau definiert, demnach das Pflichtenheft einen Lösungsansatz jener Anforderungen darstellt und die vertragliche Grundlage zwischen Kunde und Anbieter schafft.

Das Lastenheft beschreibt, was der Endnutzer für sein Produkt oder seine Dienstleistung erwartet und benötigt. Es ist umgangssprachlich im Sinne eines Anforderungskatalogs (Liste der erforderlichen Anforderungen nach Inhalten, Funktionen und Eigenschaften) formuliert.

Das Pflichtenheft formalisiert, wie die Anforderungen des Endnutzers umgesetzt werden. Es belegt die Inhalte und Aufgaben für die Entwickler zur Realisierung von Produkten und Dienstleistungen, was der Auftraggeber im Lastenheft fordert.

Die Trennung und semantische Unterscheidung zwischen Lastenheft und Pflichtenheft ist im deutschsprachigen Raum gebräuchlich. Sie entspringt dem klassischen deutschen Ingenieurwesen, das eine Aufteilung zwischen den Vorstellungen der Endnutzer (Anwender) und einer Realisierungsanleitung für Entwicklung und Produktion vornimmt.

Im internationalen, englischsprachigen Raum ist diese Unterscheidung nicht gebräuchlich. Lasten- und Pflichtenheft aus deutscher Sicht gehören im Produktentstehungsprozeß zum Anforderungsmanagement (Requirements Engineering). Lasten- und Pflichtenheft werden mit dem Begriff „Requirements List“ (Anforderungsliste) bezeichnet.

Die Differenzierung zwischen den Anforderungen aus der Sicht des Anwenders („Last“) und den formalen Spezifikationen zur konkreten Umsetzung für Entwicklung und Produktion („Pflicht“) ist einzigartig. Sie ist ein qualitatives Alleinstellungsmerkmal im internationalen Engineering.

Bestandteile

Das ERP Pflichtenheft besteht üblicherweise aus vier Sektionen:

  • Die allgemeine Beschreibung der Anforderungen
  • Wer ist für welche Aufgabe verantwortlich und wer nimmt an der Entwicklung teil?
  • Welche Voraussetzungen sind erfüllt?
  • In welchem Umfang, wie und bis wann soll die Umsetzung stattfinden?

Im Pflichtenheft sollte genau vermerkt sein, inwieweit die Geschäftsprozesse innerhalb der Software abzubilden sind und welche davon in jedem Fall im Standard auftauchen müssen. Das ERP Pflichtenheft sollte die Vorgabe enthalten, dass z.B. Individual-Anpassungen mit neuen Release-Ständen kompatibel sein müssen, da ansonsten hohe Kosten & Folgekosten, entstehen können, da beim Einspielen neuer Releases immer wieder neue Individualanpassungen konzipiert und umgesetzt werden müssten.

Zudem muss dokumentiert werden, welches IT-Personal (Funktion, Qualifikation, Anzahl, Stunden) der Auftraggeber zur Verfügung stellen kann und in welchem Umfang es zeitlich für das Projekt verfügbar ist. es empfiehlt sich, auch aufzuführen, welche Mitarbeiter einer Fachabteilung in welchem Zeitumfang (Wochenstunden Anzahl) zur Verfügung stehen. Beispielsweise ist es notwendig, dass die Mitarbeiter der Buchhaltung den Mitarbeitern des Software Anbieters aufzeigen, auf Grund welchem Schemas eine Rechnung bearbeitet werden soll und welche Mitarbeiter an diesem Arbeitsschritt teilhaben sollen.

Ebenfalls sollten exakte Angaben über die Qualität der Schnittstellen und Altdaten nicht fehlen.

Zudem ist es wichtig, festzuhalten, zu welchem Zeitpunkt die Einführung beginnen soll und für welchen Zeitpunkt der Go-Live-Termin geplant wird, da dies Auswirkungen auf die Anzahl der Berater hat, die vom Software Anbieter eingesetzt werden sowie auf die Implementierungskosten. Ebenfalls empfiehlt es sich, Angaben zu den Vorgaben für das Lizenz-Modell, wie beispielsweise welche Organisations-Einheiten und Personal mit der Software arbeiten sollen und welche Wachstumsraten geplant wurden.

Wird nicht das Lizenzmodell vereinbart, dass für die eigene Organisationsstruktur passt, können im Falle von Veränderung der vereinbarten Lizenz-Parameter schnell hohe Folgekosten entstehen, welche eventuell über die gesamte Finanzplanung hinausgehen, beispielsweise durch Abspaltungen oder Firmenaufkäufe etc. Ein weiterer wichtiger Inhaltspunkt des ERP Pflichtenhefts sind die Vorgaben für die Formular-Erstellung sowie für das Berichtswesen, das über die ERP-Software aufgezeigt werden soll. Ein wichtiger Faktor können auch gesetzliche Vorgaben sein.

Pflichtenheft ist Grundlage des Angebotes

Das Pflichtenheft wird normaler Weise den geeigneten ERP-Anbietern übermittelt und stellt die Grundlage für deren Offerten dar. Um den Anbieter auch rechtlich an die Inhalte und Vorgaben des Pflichtenheftes zu binden, empfiehlt es sich, ihn bei Angebotsanforderung in schriftlicher Form darauf aufmerksam zu machen, dass er sein Angebot unter allen Umständen unter Berücksichtigung der Vorgaben des ERP Pflichtenheftes abgeben muss. Auch zu späteren Zeitpunkten sollte das Pflichtenheft in jedem Fall zum festen Bestandteil des Vertrages gemacht werden, um aufzuzeigen, unter welchen lizenzrechtlichen, technischen und kaufmännischen Vorgaben der Auftraggeber das ERP-System kauft. Wird es wie vermerkt in die Angebots- und Vertragsstruktur des ERP-Projekts mit eingebunden, haftet auch der Anbieter für die Einhaltung aller Aspekte im Pflichtenheft. Ein Mehraufwand kann dann nur noch für die Aspekte geltend gemacht werden, die sich außerhalb der Pflichtenheft-Vorgaben befinden.

Doch was ist zu tun, wenn der Anbieter einen Mehraufwand geltend macht, da Leistungen vom Auftraggeber abverlangt werden, die nicht im Pflichtenheft festgehalten wurden? Hierbei gilt es zunächst zu prüfen, ob sich der Anbieter auch tatsächlich im Recht befindet. Ist dies der Fall, so stellt sich die Frage, wer für den Fehler verantwortlich gemacht werden kann. In dem Fall, dass der Auftraggeber selbst das Pflichtenheft erstellt hat, muss er für den Mehraufwand aufkommen und darf seinen Regressanspruch nicht geltend machen. Hat er das Pflichtenheft jedoch von einer Drittfirma erstellen lassen, besteht die Möglichkeit, der Drittfirma den entstandene Mehraufwand in Rechnung zu stellen, soweit diese bei genauer Arbeitsweise diesen Aspekt nicht hätte vergessen dürfen. Die Faustregel gilt: Je niedriger das IT-Know-How des Auftraggebers, desto genauer sollte Punkte definiert, welche der Auftragnehmer bei dem Projekt beachten muss. Bei der Erstellung des ERP Pflichtenheftes gilt es, die Anforderungen nicht neutral zu formulieren.

Stress vermeiden mit einem erfahrenen ERP Partner

Nach dem Motto „Papier ist geduldig“ sollte man grundsätzlich auf einen  erfahrenen Implementierungspartner bauen, welcher nicht nur ein Stück ERP Software zur Verfügung stellt, sondern auch sämtliche Aspekte der Software-Implementierung übernehmen kann.

Die Softwareimplementierung beginnt eigentlich schon beim Verkaufsprozess. Denn bereits beim Ersttermin zeigt sich ob ihr zukünftiger Partner strukturiert ist und sie auch in turbulenten Zeiten unterstützen kann.

Lassen Sie sich also sehr frühzeitig die Schritte einer ERP Einführung zeigen, angefangen vom Ersttermin über die Bestandsaufnahme, Workshop, Vertragsunterzeichnung, Projektstart bis hin zum Echtstart der ERP Software. Wenn Sie unsicher bei der Lastenheft oder Pflichtenheft Erstellung sind, so lassen Sie sich von unabhängigen ERP Auswahl Beratern helfen. Im deutschsprachigen Raum gibt es zahlreiche Unternehmen, welche sich auf die unabhängige ERP-Auswahl Beratung spezialisiert haben. Achten Sie bei der Auswahl aber darauf ob der Berater tatsächlich neutral handelt oder Provisionen zwischen Partner und Berater fließen.

ERP Pflichtenheft nicht nur für Großunternehmen

Viele klein und mittelständische Unternehmen denken, dass die Erstellung eines Pflichtenheftes nur bei Großunternehmen gepaart mit Millionenbudget eine Rolle spielt, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, sollten vor allem klein und mittelständische Unternehmen ein Pflichtenheft erstellen oder erstellen lassen. Immer wieder kommt es auch vor, dass z.B. ein Absolvent seine Bachelor- oder Masterthesis über die Einführung einer Unternehemenssoftware im jeweiligen Unternehmen schreibt. Sofern der Absolvent später im Betrieb übernommen wird, haben Sie zugleich auch schon einen sehr guten Projektmitarbeiter oder sogar Projektleiter auf Ihrer Seite.

Was ist ein Lastenheft?

Das Erstellen von qualitativ hochwertigen Lasten- und Pflichtenheften ist der wichtigste Abschnitt in der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen. Er gehört zur Systemanalyse für die Analyse der Anforderungen (Requirements Engineering).

Durch das Lastenheft werden die qualitativen und quantitativen Eigenschaften eines Produkts und einer Dienstleistung aus der Sicht des Auftraggebers definiert. Das Lastenheft ist ein Anwendungsfallmodell.

Prinzipien, Rollen und Prozessablauf

Der Auftraggeber für die Entwicklung und Herstellung des Produkts oder der Dienstleistung ist der Eigentümer und Herausgeber des Lastenhefts. Er entwickelt die Vision, Mission, bewertet Machbarkeiten und das Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Der Projektleiter plant, steuert und überwacht die Prozesse zur Erstellung des Lastenhefts. Die Ergebnisse werden in einem Abschlussdokument zusammengefasst, das dem Management zur Entscheidung und Beschlussfassung vorgelegt wird.

Die Kernprozesse für das Lastenheft führen zu den Spezifikationen der Anwendersicht. Folgende Rollen sind daran beteiligt:

_ Fachseite. Beispielsweise Mechanik, Elektrik und Software/Embedded Systems in der Mechatronik
_ Anwendungsspezialisten und Systemanalytiker

Der technische Redakteur dokumentiert die Anwendungsszenarien und erstellt das Lastenheft. Das Lastenheft definiert die Sicht der Anwender und ist die Managementvorlage zur Beschlussfassung und Freigabe für den Start im Produktentstehungsprozeß.

Aufbau, Struktur und Gliederung des Lastenhefts

Das Lastenheft gehört zum Anforderungsmanagement. Es stellt die Vertragsgrundlage für eine Ausschreibung dar.
Im methodischen Vorgehen wird die Anforderungsanalyse durchgeführt. Für das formale Erfassen der Prozessanforderungen müssen die Geschäftsprozesse modelliert werden. Die Modellierung führt zur Strukturierung funktionaler und nicht-funktionaler Anforderungen. Funktionale Anforderungen an das künftige System sind messbare und nachverfolgbare Spezifikationen. Nicht-funktionale Anforderungen beschreiben Anforderungen an die Nutzerseite wie Ergonomie zur Handhabung und das Nutzererlebnis (Benutzbarkeit).

Die Gliederung des Lastenhefts umfasst folgende Kernpunkte:

  • Beschreibung der Ausgangslage und Zielsetzung
  • Abgrenzung des Systems (in-scope, out-of-scope) und Machbarkeiten
  • Relevante Geschäftsprozesse nach Führungs-, Kern- und Supportprozessen
  • Stakeholder, Durchführende, Mitwirkende, Beteiligte (Rollen-Funktionsmatrix)
  • Rahmenbedingungen organisatorischer und technischer Natur
  • Liste und Beschreibung der funktionalen Anforderungen
  • Liste und Beschreibung der nicht-funktionalen Anforderungen
  • Qualitätskennziffern und Metriken zur Konformitätsprüfung der Anforderungen
  • Randbedingungen und Datenschutzanforderungen
  • Festlegung des erwarteten Lieferumfangs und der Kriterien zur Abnahme
  • Übersicht des geplanten Lebenszyklus und Einbettung in die Gesamtarchitektur des Systems und die Unternehmensorganisation
  • Glossar der verwendeten Fachbegriffe und Abkürzungen für das gemeinsame Verständnis aller beteiligten Stellen

Methoden und Standards des Lastenhefts

Es gibt keine gesetzlich verbindlichen Methoden und Standards für den Aufbau und die Erstellung des Lastenhefts. Es haben sich Industriestandards gebildet, die zu anerkannten Regelungen für das Lastenheft im Anforderungsmanagement führten.
Es kann die DIN-Norm 69901:2009-01 einbezogen werden. Sie bezieht sich im Bereich „Projektmanagement“ auf Grundlagen zu Struktur und Inhalt des Lastenhefts im Anforderungsmanagement.

Für Methoden und Standards im deutschsprachigen Raum ist das V-Modell führend (aktuell mit der Bezeichnung „Das V-Modell XT“, Version 2,2). Der Buchstabe „V“ bedeutet „Vorgehen“; es ist ein Vorgehensmodell für die Entwicklung von Systemen. Das V-Modell beschreibt im Abschnitt Anforderungen die Kriterien an das Lastenheft, Verantwortlichkeiten, Aktivitäten, Mitwirkende und Ergebnisobjekte.

Softwaregesteuertes Engineering der Anforderungen

Das Anforderungsmanagement mit dem Erstellen von Lasten- und Pflichtenheft wird in mittleren-großen Unternehmen über toolgestützte Prozesse durchgeführt.

Das Erfassen der Anwenderanforderungen für das Lastenheft erfolgt in Szenarien (Use Cases = Anwendungsfälle). Diese Beschreibung der Anwendung unterliegt einheitlichen Modellierungsstandards (UML = Unified Modelling Language). Daraus werden die Anforderungen für das Lastenheft abgeleitet.

Die Anforderungen sind Objekte mit eindeutigen Schlüsseln und Attributen. Sie werden in einer Datenbank gespeichert. Zwei wesentliche Voraussetzungen für zielgerichtetes, effizientes Arbeiten werden erfüllt:

  • Die Anforderungen sind eindeutig und durchgehend rückverfolgbar (Traceability).
  • Die Anforderungen können miteinander verknüpft werden (Links).

Aus dem datenbankgestützten Informations- und Steuerungssystem lassen sich qualitativ hochwertige Lastenhefte automatisiert erstellen und überwachen. Sie sind stets aktuell. Für das Qualitätsmanagement ist durch die Traceability der Anforderungsobjekte ein durchgängiger Review- und Auditprozess möglich.

Im deutschsprachigen Raum ist das weitverbreite System Rational DOORS von IBM im Einsatz. Es gibt Alternativen auf dem Open-Source Sektor mit optionalen (kostenpflichtigen) Erweiterungen. Ein Beispiel ist „JIRA“ (R4J – Requirements Management for Jira).

Diese Systeme lassen sich in kleinen-mittleren Unternehmen einsetzen. Sie besitzen die Funktionalität der Traceability, Verlinkung von Objekten, Statusberichte, Änderungsmanagement und Wiederverwendbarkeit (Reuse) der Module. Das Erstellen eines Lastenhefts mit computergestützten und datenbankbasierten Tools ist eine organisatorische und wirtschaftliche Notwendigkeit für umfangreiche und komplexe Lastenhefte.

Fazit und Ausblick  für das Lastenheft

Das Lastenheft ist die notwendige Voraussetzung zur Erfassung der Anforderungen des Auftraggebers aus Anwendersicht für neu zu entwickelnde Produkte und Dienstleistungen. Aus dem Lastenheft wird das Pflichtenheft erarbeitet.

Das Lastenheft ist der dokumentierte Ausgangspunkt im Anforderungsmanagement, was vom Auftraggeber gefordert wird.
Das Arbeiten mit dem Lastenheft muß computergestützt erfolgen. Dieses Vorgehen sichert die eindeutige Erfassung und Beschreibung der Anforderungen.

Durch die verknüpften Anforderungsobjekte lässt sich das Gesamtsystem von Entwicklung, über die Prototyperstellung bis zur Produktionsfreigabe effizient steuern. Mit Review- und Auditverfahren wird die Qualitätskontrolle mit lückenloser Rückverfolgung über den gesamten Produktentstehungsprozess sichergestellt.

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