Was ist wirklich wichtig bei mittelständischer ERP Software?

Wenn man sich in der Welt der ERP Software für die Zielgruppe Mittelstand umschaut, stellt man fest, dass je nach ERP Hersteller für das ein oder andere Thema geworben wird, was wichtig bei mittelständischer ERP Software Auswahl ist? Doch ist das wirklich so? Sollte man als mittelständisches Unternehmen unbedingt bei der Auswahl einer ERP Software Schlagwörter wie  z.B. Bedienkomfort, Usability, mobile first, On Premise vs. Cloud vs Hybrid oder auch das Bezahlmodell Lizenzkauf vs. Softwaremiete bedenken?

Sind das wirklich die wichtigsten Themen bei der ERP Auswahl?

Doch sind das wirklich die wichtigsten Themen welche mittelständische Unternehmen beim Kauf von ERP Software bedenken sollten? Natürlich spielen im Rahmen der ERP Entscheidung auch immer die Frage nach den ERP Software Features eine zentrale Rolle. Gleiches gilt auch für die Frage der Kosten. Hier vor allem was kostet eine Softwarelizenz und wie hoch sind die Kosten der Implementierung. Doch ist nicht die wichtigste Anforderung aller Anforderungen ob meine eigenen Geschäftsprozesse optimal unterstützt werden?

Was zeichnet Mittelstand aus?

Natürlich gibt es viele Definition für Mittelstand, die ihre Daseinsberechtigung haben. Angefangen von Unternehmensgröße über Branche bis hin zu Gesellschaftsstruktur. Doch hat der Mittelstand nicht einfach einen relativ einfachen gemeinsamen Nenner, der bedeutet, dass er (der Mittelstand) schlichtweg „irgendetwas“ produziert. Und ist in diesem Zusammenhang nicht die höchste und zugleich wichtigste Anforderung an ERP Software diese unterschiedlichen Produktionsabläufe abbilden zu können.

Warum sollte man sich beim ERP Kauf nicht selbst belügen?

Wer sich für eine ERP Software entscheidet, der muss Geld ausgeben. Die Geldsumme hängt dabei von zwei wesentlichen Faktoren ab. Einerseits die Lizenzkosten inklusive Wartung, andererseits die Kosten der Anpassung.

Wer Standard ohne große Anpassung nimmt, der spart einen großen Teil bei dem Punkt Anpassung oder neudeutsch Customizing. Dies hat aber für den Kunden den Nachteil, dass der Wille zur Anpassung an die Software notwendig ist und nicht anders herum. Argumente wie „die Software muss genau unseren Prozess abbilden“ haben in diesem Szenario damit keine Gültigkeit.

Ist der Wille im Unternehmen nicht vorhanden, so planen sie entsprechend einen großen Kostenblock für das Thema Customizing mit ein. Aus Erfahrung zeigt sich, dass jedes Unternehmen einzigartig ist und dies hat auch seine Berechtigung- seien sie deshalb kritisch gegenüber Personen die Ihnen ein Projekt ohne Customizingaufwand verkaufen wollen!

ERP Projekt – Ob sie jetzt oder später zahlen ist egal?

Zur Bezahlung eines ERP Projektes stehen verschiedene Varianten zur Verfügung angefangen vom Lizenzkauf, über Leasing, Mietkauf oder Abomodelle.

Das klassissche Modell ist der Lizenzkauf. Hier zahlen sie einen einmaligen Betrag pro Lizenz, der je nach Anbieter bei ca. bei 3000 € liegt. Nehmen sie die Anzahl ihrer Arbeitsplätze und multiplizieren sie diesen mit dem Lizenzpreis, dann haben sie einen ungefähren Schätzwert für den Preis ihrer Lizenzen.

Für die Folgejahre müssen sie einen entsprechenden Wartungsvertrag für die Lizenzen abschließen der nochmals bei ca. 20% des Lizenzpreises liegt. Die Rückgabe von zu viel gekauften Lizenzen ist dabei häufig schwierig. Einiger Anbieter lassen auch den Kauf von gebrauchten ERP Lizenzen zu.

Anmerkung: Wir haben das Lizenzmodell hier sehr vereinfacht dargestellt, in der Realität kommt auf mittelständische Unternehmen noch die Themen Addons, Lizenzart (Volllizenz/Teillizenz) und Lizenzmodell (named user vs. Concurrent User) zu. Alle drei Themen haben Auswirkung auf den Kostenblock Lizenzen.

Bei dem „neuen“ ERP Software-Preismodell spricht man von „Miete“ oder auch „Subskription“. Es basiert auf dem Abonnement-Gedanke, d.h. Unternehmen zahlen pro Monat und Lizenz einen festen Mietbetrag. Im Preis inbegriffen sind meist das Thema Wartung und evtl. auch Support. Der grundsätzliche Vorteil der sich durch diese Art von Softwaremodell ergibt ist das Thema Flexibilität & Liquidität

Unternehmen können variabel Lizenzen hinzubuchen wie auch stornieren. Die Kündigungsfristen sind dabei meist kürzer wie beim klassischen Kaufmodell. Zudem haben Unternehmen keine Schwierigkeiten und finanziellen Nachteile bei der Rückgabe von nicht-benötigten Lizenzen.

Der entscheidende Unterschied bei beiden ERP-Preismodellen ist die Frage nach dem Zahlungszeitpunkt. Natürlich haben Unternehmen beim klassischen Lizenzkauf eine hohe Anfangsinvestition, die unter Umständen die Unternehmensliquidität stark beeinträchtigen kann. Dank verschiedener Finanzierungsoptionen wie z.B. Leasing lässt sich diese Gefahr aber sehr gut über die Jahre abfedern. Das Leasing eines ERP Projektes kann dabei nicht nur die Lizenzkosten beinhalten, sondern auch dien Projektaufwand, aufgeteilt nach Installationskosten, Customizingaufwand oder Schulungsgebühren.

Anmerkung: In diesem Abschnitt behandeln wir rein das Thema „Bezahlung der ERP Lizenzen“. Dies ist unabhängig davon zu sehen, wie das ERP System gehostet wird, sei es direkt beim Unternehmen vor Ort mit einem eigenen Server als On-Premise Lösung oder virtuell in der Cloud.

Warum Anpassungen ihre Wartungskosten für ERP Software extrem in die Höhe treiben können?

Je nach ERP Hersteller oder Software Implementierungspartner lauern Fallen bei dem Thema Wartungskosten. Jeder Normalsterbliche denkt, dass sich die Wartungskosten auf Basis des Listenpreises berechnen, doch aufgepasst, viele ERP Partner lassen sich vertraglich ein Hintertürchen offen um die jährlichen Wartungskosten extrem in die Höhe zu treiben. Und so einfach funktioniert der Trick mit den Wartungskosten – Anpassungen und Eigenentwicklungen werden Teil des Wartungsvertrages. Die Berechnungsbasis für die Wartungskosten ist dabei der Entwicklungsaufwand.

Wenn Sie also eine spezielle Anpassung vornehmen lassen mit einem einmaligen Aufwand von 20.000 Euro, was ungefähr 10 PT entsprechen wird, so können sie bei einem Wartungssatz von 20% mit zusätzlichen Wartungskosten von 4.000 Euro pro Jahr kalkulieren.

Lock-in Effekt- oder warum sie trotz vertraglicher Regelung nicht einfach kündigen können?

Der Kauf einer ERP Software ist mit einer Ehe zu vergleichen. Wer sich einmal bindet, der kommt so schnell nicht wieder los, als Fachbegriff als Lock-in-Effekt bezeichnet. Auch wenn sie sich für ein ERP Subskription Modell mit variabler monatlicher Kündigung entscheiden und somit jederzeit ihre Lizenzen reduzieren können, letztendlich ist ein ERP System das Herzstück ihres Unternehmens, das tagtäglich mit Daten gefüttert wird. Ähnlich wie bei einer Ehe können sie sich scheiden lassen, aber von heute auf morgen sind sie definitiv nicht geschieden.

Ein Austausch durch ein neues ERP System ist in den meisten Fällen nicht von heute auf morgen möglich. So müssen „Altdaten“ exportiert und importiert werden und auch sollte das „neue“ ERP-System auf ihre Anforderungen eingestellt werden.

Das ist wirklich wichtig bei mittelständischer ERP Software!

Schauen Sie tief in ihr Unternehmen und fragen Sie sich ob Sie durch aktuelle Themen wie Cloud ERP, Industrie 4.0, Usability oder Digitalisierung einen entsprechenden Vorteil generieren können und ob genau diese Themen ihre aktuellen und auch zukünftigen Wettbewerbsvorteile sicherstellen werden.

Schaut man sich die mittelständischen produzierenden Unternehmen in Deutschland, Österreich oder Schweiz an, so ist meistens die größte Herausforderung in der Produktion zu sehen. Seien wir mal ehrlich, stockt ihre Produktion so haben sie spätestens nach ein paar Wochen nicht nur Probleme mit ihrem Kunden, sondern auch mit ihrer Bilanz. Vielleicht haben sie auch eine relativ flexible Produktion oder sie produzieren sehr viele verschiedene unterschiedliche Produkte oder Warengruppen, dann sollte ihr ERP System genau dies gewünschte Produktionsflexibilität auch abdecken können.

Nach all der umfänglichen Einleitung zu diesem Artikel, bei der wir gestartet sind mit dem Preis, den Lizenzkosten und uns auch mit dem Thema Cloud kurz beschäftigt haben, kommen wir nun zu den entscheidenden Fragen für produzierende Unternehmen bei der ERP Auswahl:

  1. Wie funktioniert die Disposition im ERP System?
  2. Startet die Disposition erst nach Freigabe eines Betriebsauftrages?
  3. Sind Auftragsstücklisten vorhanden? Wann sind diese vorhanden?
  4. Ist ein Advanced Planning and Scheduling System (APS) im ERP System vorhanden?
  5. Können Termine, Ressourcen und Kapazitäten verändert werden um eine Produktionsplanung und Produktionssteuerung zu simulieren?
  6. Wie erfolgt die Materialbewertung? Welche verschiedene Lagerbewertungsmethoden stehen zur Verfügung? Ist eine rückwirkende Materialbewertung möglich?
  7. Ist es mit einem Klick möglich ein Angebot in einen Auftrag zu wandeln?
  8. Wie einfach sind Subsysteme anzuschließen oder Schnittstellen zu realisieren? Sind branchengängige Schnittstellen vorhanden wie z.B. EDI, das vor allem im Automobilzuliefererbereich sehr oft benötigt wird.

Stellen sie genau diese Fragen ihren ERP Lieferanten und seien sie auf die Antworten gespannt! In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß und gutes Gelingen bei der ERP Software Auswahl. Sollten wir eine Frage oder Anforderung vergessen, posten Sie diese einfach unten in das Kommentarfeld.

2 Gedanken zu „Was ist wirklich wichtig bei mittelständischer ERP Software?“

  1. Pingback: Was ist Cloud ERP?
  2. ERP Software wird seit vielen Jahren sehr erfolgreich geleast oder über Mietkauf und Darlehen abgebildet. Es gibt zahlreiche Anbieter und Spezialisten, die seit vielen Jahren nichts anderes machen. Für Unternehmen kann es sehr lohnenswert sein, aus vielen unterschiedlichen Finanzierungspartner Angeboten auswählen zu können

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